Baustellengespräch
Baustellengespräch: Villa Amalia
Lange lag die Villa Amalia im Dornröschenschlaf. Ein neues Konzept soll das einst prachtvolle Herrenhaus wieder in den Lebensmittelpunkt ihrer zukünftigen Bewohner*innen rücken.
Die meterhohen Eingangstüren aus schwerem Holz öffnen sich und geben den Blick frei auf hohe Räume, deren Decken mit aufwendigen Stuckarbeiten und farbigen Malereien verziert sind… Beim ersten gemeinsamen Ausflug des Jahres mit wuppertalaktiv! erwartete die Teilnehmerinnen gleich ein architektonischer Leckerbissen und historischer Schatz unserer Stadt. Die Villa Amalia an der Briller Straße öffnete ihre herrschaftlichen Türen zu einer Baustellenbesichtigung. Viele Neugierige folgten der Einladung, um das denkmalgeschützte Bauwerk, das von außen vielen bekannt ist, auch einmal von innen zu erleben. So begrüßte Vereinsvorständin Tanja Schäfer die Besucherinnen, die so zahlreich erschienen waren, dass die Führung durch das Gebäude in zwei Gruppen erfolgen musste.
Bevor es aber auf Entdeckungstour ging, erzählte Malahat Dinkelmann von der SCHÖNER WOHNEN Gruppe, wie die prächtige, aber stark sanierungsbedürftige Villa und das umliegende Grundstück in Zukunft genutzt werden. Die Villa Amalia wird restauriert und zum Herzstück des neuen, exklusiven Service-Wohnens für Senioren. Dazu entstehen in drei Neubauten, die um die Villa herum errichtet werden, 67 barrierefreie Wohnungen mit einer Fläche zwischen 54 bis 79 Quadratmetern. Das ehemalige Kutscherhaus wird zu Appartements umgebaut. Das Konzept wird durch umfangreiche Service-Leistungen ergänzt. Es wird Angebote rund um Pflege, Fitness, Kultur und Freizeit geben. Die Villa Amalia selbst wird dabei zum Begegnungsort für die Bewohnerinnen. „Wir bieten stationäres Wohnen mit einem Rund-um-die-Uhr-Service an. Die Anfragen sind enorm“, sagt Dinkelmann. Aber auch für die Öffentlichkeit soll die Villa zugänglich sein. „Die Villa kann als Eventlocation gebucht werden, zum Beispiel für Firmenfeiern oder Hochzeiten“. Auch das Gastronomieangebot inklusive Bar soll für alle Bürgerinnen geöffnet sein.
Bevor es soweit ist, gibt es aber noch eine Menge zu tun. Die Villa Amalia hat eine bewegte Geschichte hinter sich, weiß Historiker Dr. Urs Diederichs. Die Unternehmerfamilie Neuhaus baute die Villa im Jahr 1883 und nutzte sie als Wohnsitz. Das nötige Kleingeld erwirtschaftete die Familie mit Färbemitteln für Stoffe. Die Textilindustrie hatte damals Hochkonjunktur und die Familie Neuhaus produzierte das berühmte „türkisch Rot“.
Die Villa ließ Albert Neuhaus im damaligen Landhausstil errichten: mit hochwertigem Holzparkett, wuchtigen Wandvertäfelungen und bemalten Stuckdecken. Im ehemaligen Speisezimmer sind die aufwendigen Holzschnitzereien und pompösen Wandteppiche so gut erhalten, dass der Raum als Kulisse der bekannten Fernsehserie „Babylon Berlin“ genutzt wurde. Etwas wehmütig aus Historikersicht ist der Raum deshalb heute als „Babylon-Zimmer“ bekannt. „Ich würde dafür plädieren, dass er Alberts Dining Room heißt“, sagt Diederichs. An diesem Abend aber durften die wuppertalaktiv!-Mitglieder dort speisen – und sich dabei auch ein wenig wie Filmstars fühlen. Genügend Kameras waren bei diesem Ausflug jedenfalls vorhanden und quasi im Dauereinsatz.
Ein aufwendig geschmiedetes Geländer mit zahlreichen Schnörkeln und Details geleitet die wuppertalaktiv!-Gäste in das obere Stockwerk, wo einst die Wohnräume der Familie Neuhaus waren. Hier findet sich ein Mix verschiedener Stile. So zieren zum Beispiel Motive aus der Renaissance die Wandgemälde. Was einst in prachtvollen Farben erstrahlte hat mit der Zeit etwas an Glanz verloren. Nach dem Rückzug der Familie Neuhaus diente die Villa in späteren Jahren als Wohnheim für notleidende Freiberufler und Alterssitz für Ordensschwestern. Neue Trennwände für kleinere Zimmer wurden eingezogen. Ein Brand setzte dem Gebäude zusätzlich zu. Schließlich stand sogar der Abriss im Raum, was eine Bürgerinitiative aber verhindern konnte. Eine Phase des Leerstands folgte, bis sich Investoren und letztlich die SCHÖNER WOHNEN Gruppe der Villa annahmen.
Die Aktivitäten rund um die Villa sorgen jedoch teilweise auch für Unmut unter den Wuppertaler Bürger*innen. Für die Neubauten musste ein Teil des umliegenden Parks weichen. Zudem verändern sie den Blick auf die Villa. Historiker Dr. Urs Diederichs sieht das Projekt trotzdem positiv. „Ich finde es wunderbar, dass das Gebäude wiederhergestellt wird und freue mich darauf, meinen ersten Kaffee als Besucher hier trinken zu dürfen“.
Dann werden auch sicher viele der Teilnehmer*innen der Baustellenbesichtigung wieder herkommen, um den Vorher-Nachher-Effekt zu bestaunen und sich von den vielen architektonischen Details in die reiche Vergangenheit der Villa zu Zeiten der Familie Neuhaus zurückversetzen zu lassen.